Montag, 20. Juni 2011
Käse
Nein, er stinkt nicht. Um ehrlich zu sein: er riecht nicht wie ein Käse, er sieht nicht aus wie ein Käse und er fühlt sich auch nicht an wie ein Käse. Das weiche, mit braunen Erdpartikeln gesprenkelte blassgelbe Etwas ist in eine verschmierte Folie gewickelt, die sich seit mehreren Tagen um seinen Laib schlingt; ein Haushaltsgummi frisst sich in die Mitte seines Fleisches und talliert ihn wie die Wespentaille Dita van Teese. Noch vor sechs Tagen lag er unschuldig im Kühlregal eines Supermarkts und war ein ganz ordinärer englischer Cheddar. Bis er A. traf. Der sitzt nun auf einem umgefallenen Baumstamm, umringt von uralten Baumriesen, neben ihm steht ein Rucksack, der so groß ist wie er im Sitzen. A. kann sich momentan nichts besseres zum Essen vorstellen als seinen Käse. Um ihn herum sind kilometerweit nur Urwald, Sümpfe und Moore, Graslandschaften, Meer und C., der sich gerade durch die letzten Meter Urwald vor dem auserkorenen Rastplatz schlägt. Er wird heute, wie jeden Mittag, das größere Stück Käse abbekommen. Für A., den Wurstesser, gibt es dafür noch ein bisschen Salami, die sich wesentlich besser in ihrem Urzustand erhalten hat. Die Einkerbungen im Cheddar zeigen: es gibt noch zwei Stücken pro Person. Bis die beiden am Ende des Tracks von einem Geländewagen aus dem tasmanischen Urwald abgeholt werden sind es noch drei Tage.

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