Donnerstag, 25. August 2011
Stuttgart 21
elegete meier, 23:57h
Sie gehen auf die Straße und demonstrieren gegen einen Bahnhof - die Wutbürger.
Sie tragen Turnschuhe, die in einer anderen Welt - nicht der ihren - von Menschen, die nicht sind wie sie, sondern gelb, für einen lächerlichen Stundenlohn gefertigt werden - die Wutbürger.
Sie alle tragen Tantal-Metall in ihren Handys spazieren, das in einer anderen Welt - nicht der ihren - von Menschen, die nicht sind wie sie sondern schwarz, ohne Schutz gegen den Lungen-schädlichen Staub aus dem Boden geschaufelt wird - die Wutbürger.
Sie laufen über Pflastersteine, die in einer anderen Welt - nicht der ihren - von Menschen, die nicht sind wie sie, sondern Kinder, in mühevoller Handarbeit aus Steinbrüchen gebrochen werden - die Wutbürger.
Vielleicht sollten die Wutbürger ihre Wut auf etwas anderes projizieren, das wesentlich schlimmer ist als die Verschwendung ihrer Steuergelder: auf Ihre eigene Ignoranz!
Sie tragen Turnschuhe, die in einer anderen Welt - nicht der ihren - von Menschen, die nicht sind wie sie, sondern gelb, für einen lächerlichen Stundenlohn gefertigt werden - die Wutbürger.
Sie alle tragen Tantal-Metall in ihren Handys spazieren, das in einer anderen Welt - nicht der ihren - von Menschen, die nicht sind wie sie sondern schwarz, ohne Schutz gegen den Lungen-schädlichen Staub aus dem Boden geschaufelt wird - die Wutbürger.
Sie laufen über Pflastersteine, die in einer anderen Welt - nicht der ihren - von Menschen, die nicht sind wie sie, sondern Kinder, in mühevoller Handarbeit aus Steinbrüchen gebrochen werden - die Wutbürger.
Vielleicht sollten die Wutbürger ihre Wut auf etwas anderes projizieren, das wesentlich schlimmer ist als die Verschwendung ihrer Steuergelder: auf Ihre eigene Ignoranz!
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Montag, 1. August 2011
Parallelwelten II
elegete meier, 12:55h
Es ist so weit: ich bin nicht mehr ans Krankenhausbett gefesselt, sondern darf aufstehen und die Umgebung erkunden. Das Hospital liegt im Zentrum von St. Johann in Tirol, die Sonne scheint, es ist warm und Touristen-Hochsaison. Gegenüber auf dem Gehsteig schieben Urlauber ihre Massen durchs Dorf und Stammgäste stolzieren wie auf einem open-air Laufsteg: Extensions in den Haaren, aufgeblasene Lippen im Gesicht, schwindelhohe Schuhe unter den Fersen, gehüllt in eine sinnesvernebelnde Parfümwolke ziehen sie, ihre Augen hinter großen, dunklen Scheiben versteckt, durch die Straßen. Gelangweilt fahren sie in Bahnen auf verschandelte und abgeholzte Berge, kaufen überteuerte Trachtenaccessoires in Nobelläden und räkeln ihre Luxuskörper versteckt hinter Hotelmauern in der Sonne. Wer eigentlich, fragt man sich - selbst in elegante Thrombosestrümpfe und ein überweites Nachthemd gekleidet - findet diese künstlichen Geschöpfe mit ihren blondierten Mähnen und tätowierten Lidstrichen (damit sind nicht nur Frauen gemeint) eigentlich schön? In meiner Welt jedenfalls keiner, in deren Universum scheinen andere Gesetze zu gelten - zum Glück lebe ich in einer Parallelwelt!
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Sonntag, 31. Juli 2011
Parallelwelten I
elegete meier, 14:39h
Es gibt sie wirklich: Menschen, die Samstagabend Musikantenstadl schauen - genau so ungesund braun wie die Michis, Steffis und Marias auf dem Bildschirm - und die ernsthaft Julia-Liebesromane vom Bahnhofskiosk lesen, aber mit ihrem Mann kaum ein Wort wechseln. Ein Exemplar davon liegt gerade neben mir im Krankenhaus. Beim Beobachten kommt es mir wirklich so vor, als sähe ich in ein Paralleluniversum. Von meinem Leben scheint das ihrige mindestens so weit entfernt wie OGLE-2005-BLG-390Lb von der Erde. Jetzt könnte man ja meinen, diese Spezies sei vom Aussterben bedroht, aber nein: der Schlagernachwuchs ist jung. Angelo ist nicht älter als Mitte zwanzig und trotzdem stellt er sich mutterseelenalleine unter blitzblauem Sonnenhimmel auf eine Bühne und singt vom Sommer und seinem Herzen, bleckt seine strahlend weißen Zähne in die Kamera und läuft dynamisch auf und ab. Einen Stock tiefer stehen und sitzen die in die Jahre gekommenen Fans, klatschen eifrig mit und wackeln mit ihren Hüftprotesen. Wahrscheinlich gibt es von diesen Schlager-hörenden, Liebesroman-lesenden braungebrannten immer etwas gelangweilten Eheleuten mehr als ich mir vorstellen kann und wahrscheinlich geht man bei seiner Einschätzung wie immer viel zu sehr von seinen subjektiven Erfahrungen und seinem direkten Umfeld aus. Und wahrscheinlich ist meine Welt für diese Leute noch weiter entfernt als OGLE-2005-BLG-390Lb von der Erde.
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